Gerd Heydn im Gespräch mit Heinz Berthold

In 2016 sind Sie noch tausende Kilometer mit dem Auto gefahren, waren im Sommer mit Ihrer Frau im 52. Jahr als Ferien-Seelsorger auf der dänischen Insel Bornholm. Mitte Oktober sind Sie mit 85 noch 50 Kilometer Rad gefahren. Jetzt liegen Sie hier nach einer Rücken-Operation in einem Hospiz in Kaarst…

„Ja. Der Krebs hat meinen Körper angefressen, drei Rückenwirbel aufgeweicht. Meine Beine gehorchten mir plötzlich nicht mehr. Die Operation im November war ein Versuch, mir meine Mobilität zurück zu bringen. Aber ich wäre am Willen Gottes nicht vorbei gekommen, auch nicht durch den menschlichen medizinischen Eingriff. Ich bin jetzt ans Bett gefesselt, vom Brustkorb abwärts gelähmt. Weitere Operationen wird es nicht geben! Mir ist bewusst, wo ich hier liege. Der Krebs schreitet fort. Ein Hospiz ist ein Sterbehaus…“

Und jetzt hadert der Gottesmann Heinz Berthold mit Gott?

„Nein, nein – Jesus ist bei mir und hilft mir. Ich bin nicht in Verzweiflung und Verbitterung geraten. Mir wird langsam bewusst, dass Gott mich in dieses Bett gelegt hat, um Jesus im Hier und Jetzt erleben zu können. Ich bekomme mehr und mehr die Gewissheit, dass Jesus jetzt bei mir ist und hilft, diese Situation zu ertragen. Wenn das nicht so wäre, würde ich wahrscheinlich wahnsinnig werden. Ich habe mich im ersten Moment nach der Krebs-Diagnose zwar gefragt: Wärst du doch mal zur Vorsorge-Untersuchung gegangen. Aber ich glaube fest, dass es Gottes Wille ist, dass ich hier liege.“

Aber ein kleiner Schock war das doch sicherlich, als Sie ins Krankenhaus kamen, für einen Mann, der in diesem Alter noch so fit war wie Sie?

„Als ich zuletzt auf Bornholm war, habe ich in der Tat darüber nachgedacht, warum das so ist, dass ich noch so fit bin – und dann jetzt dieser abrupte Absturz. Aber dann hatte ich direkt zu Beginn meines Krankenhausaufenthaltes im Franziskus in Mönchengladbach zwei Erlebnisse, die mich fest in Gottes Hand wissen ließen. Im Aufzug traf ich einen alten Bekannten von früher, den Krankenhausseelsorger Schimanski, der mir gerade heraus sagte: ‚Heinz, Du musst Dich jetzt auf eine neue Wirklichkeit einstellen. Die solltest Du akzeptieren. Wir sollten uns nicht belügen.‘ Wenig später stand mir die Radiologin, Oberärztin Frau Dr. Büsche-Schmidt, gegenüber, die – wie sich im Gespräch herausstellte – seit etwa zehn Jahren zum Gottesdienst nach Kelzenberg kommt. Sie hat sich rührend um mich gekümmert. Ich war wahrlich in besten Händen.“

Der einzige Schmuck in Ihrem Hospiz-Zimmer ist ein Jesus-Buchstabenmobile, das Sie sich vor zehn Jahren aus Brasilien mitgebracht haben. Sie haben Jesus also buchstäblich vor Augen?

„Ja, so soll es sein. Jesus ist meine Zukunft – da, wo ich einmal hinkommen werde. Ich habe an Jesus festgemacht. Das heißt nicht, dass ich hier im Krankenbett in Anbetracht meines Zustandes pausenlos Halleluja singe. Aber ich empfinde eine gesegnete und aktive Zeit für mich in diesem Krankenbett. Ich lese soviel wie noch nie in meinem Leben – in der Bibel, im Gesangbuch, in den Losungen und die Bücher von Josef Ratzinger. Wenn ich nachts nicht schlafen kann, schlage ich Ratzingers ‚Jesus von Nazareth‘ auf. Ratzinger rückt nach meinem Verständnis das Jesus-Bild wieder zurecht, das nur allzu oft in christlichen Gemeinden zerpflückt wird, weil wir nicht mehr in der Gegenwart Gottes leben. Ratzinger baut mich auf. Es kommt mir bald so vor, dass mich Gott ins Bett gelegt hat, um dieses Buch noch mal konzentriert und in Ruhe zu lesen.“

Wenn Sie sich nicht damit beschäftigen, was geht Ihnen dann durch den Kopf?

„Die Lektüre, das konzentrierte Lesen lässt mich mein eigenes Denken im Laufe meines Lebens noch einmal überdenken. Mir wird bewusst, wie Gott mein Leben gelenkt hat, von Station zu Station. Wenn ich selbst aktiv wurde, ging es meistens schief. Ich habe die Hand Gottes unendlich oft in meinem Leben gespürt. Dafür bin ich dankbar. Ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen und meine Zeugen sein, heißt es in Apostelgeschichte 1,8. Dieser Spruch, den ich bei der Einsegnung zum Abschluss meiner Ausbildung 1957 im Johanneum in Wuppertal erhielt, ist zum entscheidenden Fixpunkt in meinem Leben geworden.“

Sie liegen hier in Kaarst – da, wo Sie die schlimmste Zeit Ihres beruflichen Lebens als Pfarrer durchgemacht haben. Wirken die Erinnerungen daran immer noch nach?

„Für mich schließt sich hier ein Kreis. Wir haben in Kaarst über viele Jahre bis zu meiner Pensionierung 1995 in Unfrieden mit einigen wenigen in der Gemeinde gelebt – leben müssen. Ein früheres Gemeindemitglied hat mich besucht und jetzt am Krankenbett geradezu aufgefordert, über Vergebung und Versöhnung nachzudenken. Das Gespräch geht noch weiter. Gottes Erneuerungswille trägt Früchte in mir. Ich bin zum Frieden bereit. Und noch ein Hinweis für mich, dass der Kreis sich schließt: Ich hatte vor zweieinhalb Jahren einen kleinen Altar und ein Kreuz aus dem alten Kaarster Gemeindezentrum zu mir nach Hause nach Kelzenberg geholt, weil sie sonst entsorgt worden wären. Am 23. Oktober, also unmittelbar vor meiner Erkrankung, habe ich Altar und Kreuz in das neu belebte Gemeindezentrum zurückgebracht. Gott hat mich dafür gebraucht, eine kirchliche Angelegenheit zu einem guten Abschluss zu bringen.“

Haben Sie an Ihrem Krankenbett alte Kontakte wieder auffrischen können?

„Sehr viele. Es ist täglich ein Kommen und Gehen in meinem Zimmer. Ich staune über das Echo, das Gott mir jetzt hier gibt. Ich habe noch nie soviel gebetet wie jetzt hier von meinem Krankenbett aus – mit anderen Menschen. Gott hat es wohl so eingerichtet, dass mein Bett zur Kanzel wird. Das sagte mir eindeutig: Nur Mut, es geht weiter! Gott hat seine Schöpfung auch heute nicht aufgegeben. Unsere Zukunft bekommen wir von Gottes Seite. Die Schöpfung Gottes drückt sich in einer immerwährenden Erneuerung aus.“

Und die Konsequenzen für Sie aus dieser Erkenntnis?

„Herr, Dein Wille geschehe. Ich verspüre keine Angst vor dem Sterben. Ich habe noch ein paar Wochen zu leben – vielleicht auch noch ein paar Monate. Ich weiß es nicht. Ich gebe zu, ich habe gerne gelebt, aber ich glaube fest: Das Schönste kommt erst noch…“

Martin Luther wurde am 10. November 1483 in der thüringischen Stadt Eisleben als Sohn von Hans Luder (oder Lüder) und seiner Ehefrau Margaretha geboren. Er hatte mindestens acht Geschwister. Den Vornamen Martin erhielt er bei seiner Taufe am nächsten Tag wegen des Tagesheiligen Martin von Tours. Sein Vater war vom Bergbauern zum Berghauer gewechselt und arbeitete in einem Silber-Kupfer-Bergwerk mit oft mehr als zehn Stunden täglicher Arbeitszeit. Das Leben war hart und daher wollte sein Vater, dass Martin Jurist würde. 

Bei einem einschneidenden Erlebnis soll Luther den Schwur getan haben: „Hilf (heilige) Anna, ich will Mönch werden!“ Er brach das Studium ab und wurde Mönch, um sein Leben fromm und ehrfürchtig zu gestalten und um dadurch die Menge der sich summierenden Schuld möglichst gering zu halten.

Am 31.10.1517 lud Martin Luther zu einer Diskussion über von ihm verfasste Lehrsätze ein, aber niemand folgte seiner Einladung. Lehrsätze zur Diskussion zu stellen war damals eine normale Tätigkeit als Doktor und Professor der Theologie. In Luthers Lehrsätzen ging es diesmal um die Themen: Buße, Gerechtigkeit vor Gott und die Vergebung von Schuld. Diese Lehrsätze (95 Thesen) verbreiteten sich sehr schnell im ganzen Land, da sie der Auffassung der allgemeinen (= katholischen) Kirche widersprachen.

Luther stellte in Frage, dass man sich mit Werken oder Zahlungen von der Schuld vor Gott freikaufen kann („Ablass“). Er forderte eine Rückkehr zur ernstgemeinten Bitte um Vergebung (= Buße).

1515 legte Luther den Römerbrief aus. Dabei fiel ihm der Kernsatz auf „Der Gerechte wird aus Glauben leben“. Das war mit dem einträglichen Geschäft, in dem man sich mit Geld von der Schuld freikaufen konnte (Ablasshandel), nicht vereinbar – der Konflikt mit Kirche und Staat war unvermeidbar, da diese ihre Einnahmen gefährdet sahen.

Luther versuchte vergeblich, Glaubensbrüder wieder für eine schriftgemäße Auslegung der Bibel zu bewegen. Es kam zu Anfeindungen und zum Prozess gegen ihn (Worms 1521). Man versprach Luther freie An- und Abreise. Er wurde aufgefordert, seine Lehrsätze vor Kaiser, Reich und der Kirche zu widerrufen. Luther verweigerte dies und wurde auf seiner Rückreise zum Schein entführt und zur Schutzhaft in die Wartburg verbracht. Eigentlich hatte sich damit „die Sache Luthers“ erledigt.

Gott hatte mit Luther aber noch viel vor …

In der Ruhe der Wartburg übersetzte Luther als „Junker Jörg“ das Neue Testament in die deutsche Sprache. Bis 1534 folgte auch die Übersetzung des Alten Testaments. Er schenkte damit den einfachen Menschen ohne Lateinkenntnisse die Möglichkeit, die Bibel zu lesen. Der Buchdruck von Gutenberg sorgte für die technische Verbreitung. Zwar musste jede Seite einzeln gedruckt werden, aber gegenüber der Vervielfältigung durch handgeschriebene Exemplare war dies ein großer Vorteil.

Die Reformation entwickelte sich parallel hierzu und unabhängig von Luther, da dieser ja auf der Wartburg nicht direkt eingreifen konnte. Die Lehrsätze wurden im ganzen Land diskutiert. Die Kirche spaltete sich in zwei große Hauptrichtungen, ohne dass Luther dies je beabsichtigt hatte. Aus der „allgemeinen“ (= katholischen) Kirche entwickelte sich die evangelische Kirche (= vom frohen Evangelium her). Erst als diese Entwicklung drohte, sich in die falsche Richtung zu entwickeln, verließ Luther die Sicherheit der Wartburg und kehrte ins normale Leben zurück. Das gegen ihn von Kaiser Karl V. verhängte Todesurteil war nicht mehr vollstreckbar, da Luther inzwischen zu bekannt war.

Weitere Tätigkeiten

Dreimal bearbeitete Martin Luther das „deutsche Taufbüchlein“, in dem die Grundlagen zur Taufe erläutert werden. Nach der „lateinischen Neuordnung“ des Gottesdienstes wurde ab 1526 auch die „deutsche Messe“ durch Luther geordnet. Dazu kam die Neuerung des „Laienkelches“, wonach der Wein beim Abendmahl nicht nur den Priestern sondern auch den „normalen“ Kirchgängern gereicht wurde.

Der evangelische Choral wurde von Luther in den Gottesdienst eingeführt – er selbst dichtete viele Kirchenlieder (z.B.: Ein feste Burg).

Luther ordnete auch die Bildung neu. Er rief die deutschen Städte auf, Schulen für Jungen und Mädchen zu schaffen und installierte eine Schulvisitation, die Kontrolle und Überwachung gewährleisten sollte.

Er erstellte einen eigenen Frage- und Antwortkatalog: Der kleine Katechismus, der die wichtigsten Glaubensthemen behandelt.

In seinen Büchern setzte er sich mit der weltlichen Obrigkeit und mit der Amtskirche auseinander („Vom Babylonischen Gefängnis der Kirche“).

Respekt kann man den Menschen entgegenbringen, die versuchen, alles das einmal zu lesen, was Luther in seinem Leben geschrieben hat.

Wie soll man sein Lebenswerk zusammenfassen?

Aus der damaligen Vorstellung von Gottes Gerechtigkeit war keine Hoffnung für die Zukunft zu erwarten. Wenn Gott gerecht ist, haben alle den Tod verdient. Luther selbst war sein ganzes Leben auf der Suche nach einem Ausweg (dem gnädigen Gott). Als frommer Professor für Theologie und Dr. verschiedener anderer Studienrichtungen ließ ihn die Erkenntnis über

diesen „Gnädigen Gott“ nicht los und war ihm so wichtig, dass er trotz Lebensgefahr diese Erkenntnis gegen Kaiser und Kirche vertrat.

Reformation bedeutete für Luther, falsch eingeschlagene Lebensweisen zu erkennen und zu korrigieren, in dem man die Bibel als Richtschnur in allen Zeiten ernstnimmt. Luther wollte niemals die Spaltung der Kirche sondern die Rückbesinnung auf Gottes Wort.

Danke Luther, dass Du uns immer wieder das Kreuz Christi in den Mittelpunkt gestellt hast.

Dieter Paulus

8. März bis 13. April: Passionszeit – eine „besondere“ Zeit, deshalb wollen wir sie besonders gestalten. Wir wollen Jesus Christus betrachten, in ihm die Leidenschaft Gottes für seine Menschen entdecken und von seiner Liebe berührt werden.

Mittwochs eine gute halbe Stunde singen, Bibel hören, beten, in Ruhe vor Christus sitzen und sich von ihm so „er-greifen“ lassen. Bilder zu den letzten Worten, die Jesus am Kreuz gesprochen hat, werden eine wichtige Rolle spielen. Mittwochs vom 8. März bis 5. April, und am Donnerstag, 13. April mit Abendmahl, jeweils 19.30 bis 20 Uhr.

Februar bis März: 500 Jahre Reformation – dazu wollen wir uns in einer Predigtreihe bewusst machen, was eigentlich „Typisch evangelisch“ ist.

Natürlich spielt dabei auch eine Rolle, was Luther und andere damals neu oder wieder entdeckt haben. Aber vor allem geht es um uns „Evangelische“ heute: Was ist uns wichtig? Was macht uns aus? Wovon leben wir? Zunächst sechs Predigten im Februar/März, im Herbst geht es dann weiter.

  • 12.2.: Was ist eigentlich evangelisch? – Von Urteilen und Vor-urteilen.
  • 19.2.: „Gott macht mich nicht fertig, sondern er macht mich fertig!“
  • 26.2.: Die Gnade auspacken – wie man mit Geschenken umgeht
  • 5.3.: „Priesterweihe? – aber klar!“ 12.03.: Was man mit einem Liebesbrief tut – Goldschatz Bibel
  • 19.3.: „Kirche ist Gemeinde und Gemeinde ist Kirche“

Einer der grundlegenden Berichte der Bibel erzählt, dass Gott den Menschen zu seinem Gegenüber erschafft. Er setzt ihn in einen Garten, eine wunderschöne Welt, die Er eigens für ihn angelegt hatte. 

Gott meinte es gut mit seinen Menschen und hatte ihren Lebensort so gestaltet, dass es für alle Bedürfnisse reichlich genug gab. Zudem kam Gott jeden Abend in den Garten, weil Er gern mit ihnen Beziehung leben wollte.

Es gab so viel zu erzählen, da ja alles ganz neu für sie war und sie praktisch mit null Lebenserfahrung gestartet waren. Sicherlich haben sie Gott auch mit vielen Fragen überschüttet, von ihrem Schöpfer hatten sie so viel zu lernen. Es war eine freundschaftliche Beziehung, die sie in tiefem Vertrauen mit Gott verband.

Und genau dieses Verhältnis zerstört der Mensch. Er will nicht mit Gott sein, er will selbst Gott sein.

Die direkte Folge dieser Grenzüberschreitung: Angst und Scham gegenüber Gott. Bis zu diesem Tag, haben sie sich sicher auf jede Begegnung gefreut und ihr entgegen gefiebert. Doch nun war die Beziehung zu Gott gestört. Die Bibel erzählt, dass Adam und Eva – also der Mensch – den Garten, in dem er und sie mit Gott so viel Schönes erlebt hatten, verlassen mussten. Es war ihnen nicht mehr möglich, in Seiner unmittelbaren Nähe zu wohnen. Die Bibel nennt diese Entscheidung einen Fluch. Wo die Beziehung zum Schöpfer verloren gegangen ist, bleibt nur noch das Selbst als Bezugspunkt übrig. Und das ist wirklich angsterregend!

Die Folge: Es gibt keine Klarheit mehr bezüglich der wesentlichen Fragen im Leben: Woher komme ich, wohin gehe ich, was ist der Sinn des Lebens? Wenn bis dahin Gott alle Bedürfnisse der Menschen im Blick hatte, heißt es nun: Du wirst im Schweiße deines Angesichtes dein Brot essen…! Aber schon hier machte Gott ein Versprechen, diesen Fluch zu brechen: Einer von Evas Nachkommen würde eines Tages der Schlange – dem Bösen – den Kopf zertreten. Das heißt, die Macht des Bösen, die Menschen zu verführen, zu täuschen und mit ihren raffinierten Lügen zu verwirren, würde gebrochen werden. Die Trennung zwischen Gott und Seinen Menschen würde aufgehoben und die Beziehung wieder hergestellt werden.

Doch bis dahin war es noch ein langer Weg. Inzwischen suchte und fand Gott immer wieder einzelne Menschen, die sich für Ihn öffneten und mit denen Er in tiefer Beziehung leben konnte. Sie erlebten Seine Fürsorge, Seine Zuwendung und sie bekamen von Ihm zukunftsweisende Worte für ihr eigenes Leben und für andere Menschen. Worte, die helfen sollen, Leben zu entfalten, wie z.B. die zehn Gebote. Das war allerdings nur eine Station auf dem „Heilungsweg“ Gottes. Es reicht einfach nicht aus, mit Verhaltensregeln, die ja immer nur von außen auf einen Menschen einwirken können, eine grundlegend neue Gesellschaft hervorzubringen. Und genau hier setzt Gott an mit Seinem Versprechen: „Ich gebe euch ein neues Herz und einen neuen Geist.“ Und dann heißt es weiter: „Ich nehme das versteinerte Herz aus eurer Brust und schenke euch ein Herz, das lebt. Ich erfülle euch mit meinem Geist und mache aus euch Menschen, die nach meinen Ordnungen leben, die auf meine Gebote achten und sie befolgen. … Ihr werdet mein Volk sein und ich werde euer Gott sein.“ Alle Gesetze und Verhaltensregeln, die menschliche Gesellschaften formen und zusammenhalten, können letztlich nur mit Einschüchterung, d.h. Furcht vor Bestrafungen durchgesetzt werden. Unsere Gier wird uns immer dazu verleiten, dass wir für uns selber das dickste Stück Kuchen haben wollen.

Deswegen liegt Gottes Ansatzpunkt nicht bei unserem Verhalten, nicht bei unserer Moral, oder den Idealen, nach denen wir unser Leben ausrichten. Sein zentrales Anliegen ist es, unser Herz zu erneuern. In Jesus Christus stellt er sich uns – seinen Adams und Evas – neu vor. Deshalb ist im Neuen Testament die Rede davon, dass wir in Ihm – Jesus Christus – Gottes ganze Güte und Treue, Seine Fürsorge und Sein Wohlwollen für uns erkennen können. Sein Herz soll mit unserem zusammenwachsen. Es ist ein Herz, welches befreit ist vom Fluch des Egoismus und der Gier, frei von Konkurrenz, frei davon, der Beste, Stärkste, Größte sein zu müssen. Jesus ist gekommen, um uns aus dem Fluch und der Trennung von Gott zurück ins Leben und in den vollen Genuss von überfließender Lebensqualität zu führen.

Gott hat nie aufgehört, nach Seinen Menschen zu suchen, um die tiefe, vertrauende Beziehung wieder neu zu beginnen. Jesus Christus ist Gott, der sich aufgemacht hat, um uns vom Fluch der Verfehlung und von unserer Selbstbezogenheit zu befreien und uns in ein Leben der Zufriedenheit und Erfüllung hinein zu führen. Gott kann und will unbedingt dieses wertvolle Geschenk eines neuen Herzens jedem Menschen machen, der sich für Seine Zuwendung öffnet. Die Versprechen, die Gott uns macht, stellen uns vor eine große Herausforderung: Sind wir bereit, uns mit unserer ganzen Existenz im Vertrauen auf Seine Fürsorge und Kompetenz immer abhängiger von Ihm und Seiner Versorgung zu machen? Sind wir bereit, die Beziehung zu Ihm so weit zu vertiefen, bis Er zum alles erfüllenden Zentralpunkt unseres Lebens wird? Die Befürchtung, im Leben zu kurz zu kommen, kann nur zur Ruhe gebracht werden, wenn in uns das Vertrauen entsteht, dass Gott, der uns zutiefst kennt, alle unsere Bedürfnisse stillen und den Lebenshunger sättigen kann und will.

Gerd Reschke

Tief verschneite Hänge, blauer Himmel, hervorragend präparierte Pisten und die weltberühmte Schweizer Gastronomie – beste Bedingungen für 13 Wanderer, Boarder und Skifahrer aus Kelzenberg.

Vorfreude ist die schönste Freude, und so gehörte schon Wochen vor der Kelzenberger Skitour der Blick auf die aktuellen Temperaturwerte und Schneehöhen des schweizerischen Örtchens Samnaun zum täglichen Ritual, dicht gefolgt vom intensiven Austausch über die eigens gegründete WhatsApp-Gruppe zu allen möglichen Fragen des siebentägigen Wintervergnügens: Schneeketten? Wären nicht schlecht. Vignette? Ist gekauft. Skipass? Ja, kann man täglich erwerben. Einkaufen? Zollfrei im Ort. Essen? Auf der Piste oder in einem der zahlreichen Restaurants. Schweizer Franken? Euro geht immer. Geschwindigkeit mit Dachbox? 180 müsste gehen …

Nach gemütlicher Anreise mit Zwischenstopp erwartete uns die familiär geführte Pension Soliva in Samnaun-Compatsch. Übernachtung in geräumigen Doppelzimmern mit reichhaltigem Frühstück, Saunalandschaft, Skikeller und großer Aufenthaltsraum für abendliche Zockerrunden inklusive.

Für die kommenden sieben Tage war der Tagesplan so, wie es sich für einen Urlaub gehört: unkompliziert. Frühstücken, skifahren oder boarden oder wandern, essen, schlafen. Motto der Tour: „Jesus, kein Schnee von gestern“. Täglich eine kleine Andacht, mal klassisch, mal multimedial, aber immer mit einem weiterführenden Gedanken.

In besonderer Erinnerung bleibt mir die Abfahrt bei -21° Celsius. Knackig kalt wäre untertrieben, denn bei unserem flotten Fahrstil sorgte der eisige Wind auf 2.600 Metern über Normalnull für tiefgefrorene Nasenspitzen und gefühlte -35°.

Zum geflügelten Wort wurde in diesem Jahr „Schnapper“. Shopper mit glänzenden Augen, als hätten sie noch nie Sonderangebote gesehen, erzählen noch Tage danach von erfolgreichen Einkäufen in der Schweiz.

Eine Neuauflage der Kelzenberger Skitour ist in Vorbereitung. In den Osterferien 2018 soll es wieder nach Samnaun gehen.

Frank Wiedemeier

Bei uns Zuhause im Wohnzimmer in Wermelskirchen erinnert uns eine Konga nicht nur an Daddy. Solch ein Kupferring wiegt über zwei Kilogramm. Kongas machen im Urwald das Familienvermögen aus. Und eine Konga hat den Wert eines Menschenlebens. Wenn jemand ermordet wird, gibt man zuletzt eine Konga an die geschädigte Sippe. 

Zwei Leute heiraten nicht alleine, sondern ihre Sippen. Bei der großen Hochzeitsfeier gibt der Vater dem Bräutigam eine Konga und sagt: „Mein Sohn ist ein zuverlässiger Mann. Seht, ich vertraue ihm unser Vermögen an!“ Der Sohn gibt sie seiner Braut: „Ich liebe diese Frau und gebe ihr hier das Wertvollste, was ich habe!“ Die Braut wiederum gibt sie ihrem Vater und sagt: „Ich liebe diesen Mann und gehe mit ihm weg, aber ich gehöre immer zu euch. Diese Konga soll bei euch immer als mein Zeichen bleiben!“

Daddy lebte in Ikau als Nachbarkind von uns, das allerdings niemand haben wollte. Er lag dauernd kurz vor dem Sterben, und er hatte nicht mal einen richtigen Namen. Elisabeth hat sich dann über ihn erbarmt und ihn so lange behandelt, bis man ihn richtig knuddeln und knutschen konnte. Wir liebten ihn wie ein eigens Kind. Später wollte Elisabeth, dass Daddy mit uns nach Deutschland kommt. Aber ich war dagegen. Deutschland wäre sicherlich schlecht für ein lernbehindertes schwarzes Kind. Und dabei gab es die Pegida damals noch nicht einmal.

Mama Nsimba, eine Lehrerin aus dem Bongandostamm, 600 Kilometer weit von Ikau entfernt, hat ihn schließlich adoptiert. Und ich brauchte alle meine Überwindung, den Jungen dahin zu bringen und ihn dann auch wirklich dazulassen. Nicht mal seinen Hund gibt man so weg. Aber Mama Nsimbas Sippe hat ihn in einer schönen Zeremonie feierlich aufgenommen. Zuletzt ist der alte Bofaso aufgestanden und wollte mir diese Konga geben, aber ich lehnte ab, weil ich ja schon längst verheiratet war. „Nein, du sollst die Konga nehmen, denn du hast uns deinen Jungen gegeben, den du so liebst. Du hast uns ein Menschenleben gegeben. Dieser Junge bleibt bei uns als Zeichen deines Vertrauens zu uns, und die Konga soll bei dir in Europa immer das Zeichen unserer Verbundenheit bleiben. Eine Konga rostet oder verfault nie. Geld verliert seinen Wert, aber die Konga hält immer den Wert eines Menschenlebens.“ Dann sagte er noch: „Eine andere Sache hat ebenso viel Wert. Lies in der Bibel: Christus hat dich losgekauft, und das nicht mit vergänglichem Papiergeld oder Silber oder Gold, sondern mit seinem eigenen wertvollen Blut! Wenn Sorgen oder böse Fehler dich mal belasten, schau auf die Konga. Sie ist unser Preis für den Jungen. Aber Jesu Blut ist der Preis für dich, und du gehörst so immer Jesus!“ Mit der Konga und diesem Spruch bin ich dann die 600 km Dschungelpfade alleine mit dem Motorrad zurück gecrosst und empfand eine Sicherheit, als ob ich eine ganze Kompanie Engel als Bodyguards hätte und in Deutschland auf der A1 unterwegs wäre.

Dann kam Ende der 1990er Jahre der Krieg in unser Gebiet im Kongo. Nach 19 Jahren Trennung habe ich Daddy schließlich wieder getroffen. Er hatte inzwischen eine Frau und ein kleines Mädchen. Sie leben von ihren Maniokfeldern.

Heute erinnert mich die Konga in unserem Wohnzimmer an Daddy und Bofasos Spruch: Ich bin frei durch und für Christus. Da kann ich doch nur noch sagen: Ich bin denn mal so frei!

Peter Gohl