Jesus – Brot des Lebens
Im alten Testament wird erzählt, wie Gott das Volk Israel aus der Sklaverei befreite und dann durch eine Wüste führte, um sie in ein gutes, fruchtbares Land zu bringen. Während der Wanderung durch die Wüste waren die Israeliten vollständig darauf angewiesen, dass Gott sie ausreichend mit Nahrung und vor allem auch mit Wasser versorgen würde.
In dem Bericht wird an einer Stelle davon gesprochen, dass es ca. 600.000 (!) erwachsene Männer über 20 Jahre waren. (Bei dieser Zählung ging es ausschließlich um die Erfassung der militärischen Stärke, natürlich waren auch entsprechend viele Frauen und Kinder dabei). Wenn man vorsichtig schätzt, könnten es wenigstens 2 Millionen Menschen gewesen sein, die da durch die Wüste wanderten. Bei einem Wasserbedarf von mindestens drei Liter pro Kopf sind das 6 Millionen Liter Wasser! Das entspricht einem Konvoi von ungefähr 200 Tanklastwagen Tag für Tag. Nach dem Bericht in der Bibel war das Volk für die Dauer von 40 Jahren in der Wüste unterwegs! Der Bedarf an einer kontinuierlichen Versorgung mit Nahrungsmitteln war auch entsprechend hoch.
Zu diesem Zweck schickte Gott ihnen jeden Morgen eine Art Brot, welches in Flocken großflächig auf dem Boden lag und eingesammelt wurde. Sie nannten es Manna.
Gott hat mit dieser Versorgung für Seine Menschen zwei Absichten verfolgt: Zum einen natürlich, dass sie in der Wüste überleben konnten. Die andere, wesentlichere Absicht war jedoch, dass die Menschen zu der tiefen Überzeugung kommen sollten, dass Gott fähig ist, sie immer und überall zu versorgen und zwar mit allem, was gerade nötig ist. Dabei ging es nicht nur um die Versorgung mit Nahrung und Kleidung, sondern ebenso wichtig war auch, dass Gott ihnen den Weg zeigte durch die Wüste, dass Er sie vor feindlichen Angriffen bewahrte, vor Krankheiten und wilden Tieren schützte. In allen Herausforderungen, denen das Volk in der Wüste begegnete, zeigte sich, dass Gott ihnen gewachsen war und immer einen Ausweg, eine Lösung oder Rettung für die Menschen hatte. Gott war mit absoluter Zuverlässigkeit beständig präsent und wurde tätig, sobald es nötig war.
All das hätte auf Dauer dazu führen können, dass in den Herzen der Israeliten das Vertrauen entstanden wäre, dass Gott es gut mit ihnen meint und das Er sie nie im Stich lassen würde. Diese Überzeugung ist doch die unbedingte Voraussetzung dafür, dass man Gott sein Leben anvertrauen kann. Gott hat sich von Anfang an gewünscht, mit Seinen Menschen in einer liebenden Beziehung zu sein, die im Vertrauen auf Gottes Ressourcen und Stärke Geborgenheit und Frieden für die Menschen mit sich bringt.
Im Neuen Testament wird berichtet, wie Jesus einmal 5000 Menschen zu essen gab, indem er fünf Gerstenbrote und zwei Fische teilte. In seinen Händen wurde es so viel, dass hinterher noch genug übrig war. Im Anschluss an dieses Wunder erklärt Jesus den Menschen ebenfalls, dass es eine Sache ist, immer genug zu essen zu haben, eine andere Sache jedoch, ins Vertrauen und dadurch in eine Beziehung mit Ihm hinein zu finden.
Das Wunder der Brotvermehrung hätte den Menschen zeigen sollen, wie unbegrenzt Jesus ist, und dass man sich deshalb Ihm anvertrauen kann. Im weiteren Verlauf dieses Gespräches redet Jesus darüber, dass Er von Gott in die Welt geschickt wurde als Brot des Lebens, um alle Hungernden zu sättigen. Für Seine jüdischen Zuhörer wurde Er sogar richtig provokant, als Er ihnen sagt, sie sollten Sein Fleisch essen und Sein Blut trinken. (In der jüdischen Tradition ist ein Menschenopfer ganz gottlos und völlig absurd.) Daraufhin wandten sich viele von Ihm ab. Da fragt Jesus Seine engsten Nachfolger, ob sie auch von Ihm weg gehen wollten. Petrus antwortet Ihm: „Herr, zu wem sollten wir denn gehen? Du sprichst Worte, die ewiges Leben schenken.“
Wenn wir das Abendmahl feiern, wird Brot und Wein bzw. Traubensaft ausgeteilt. Damit vergegenwärtigt Jesus Christus heute, was damals geschehen ist: Er ließ seinen Leib brechen und vergoss sein Blut – er ging in den Tod, damit wir auch dort Leben finden. Wir essen Brot und trinken Wein und demonstrieren damit, dass wir Christus, seine unbegrenzte Lebenskraft, in uns aufnehmen. Es ist gleichzeitig eine Demonstration dafür, dass wir seine Größe und Fähigkeit anerkennen. Genau das sagt Jesus in dem o.a. Gespräch: Dass wir mit Ihm verbunden bleiben und Er mit uns, wenn wir Ihn essen, Ihn in uns aufnehmen. So, wie wir das Brot im Mund zerkauen und stückweise schlucken, können wir Jesus „zerkauen“ (Martin Luther). Die logische Folge ist, dass wir uns mit Ihm beschäftigen, über Seine Worte nachdenken, Seinen Umgang mit den Menschen, Seine Taten, Sein Verhalten in den unterschiedlichsten Situationen reflektieren. Das wird unsere Beziehung zu Ihm vertiefen, indem unser Vertrauen zu Ihm immer größer wird. Er kann und will unseren Hunger nach dem echten Leben sättigen.
Gerd Reschke