Ein Blinder mit zwei Frauen – Gott schenkt Barmherzigkeit einfach so

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Ich glaube, Jerry ist der liebste Mensch in ganz Afrika, und ich hoffe, meine Meinung nicht irgendwann einmal revidieren zu müssen. Ich habe aber noch nie einen Jungen gesehen, der so uneigennützig und anscheinend in absoluter Gottesnähe lebt.

[columns count=“2″ gap=“2em“]Über Jahre habe ich miterlebt, wie er sich durch Gartenarbeit sein Schulgeld verdient hat. Nie hat er mich angejammert. Am liebsten wäre er Mönch geworden. Aber dafür ist er noch zu evangelisch. Irgendwann haben Richard und ich ihn für Probleme im Nahbereich eingestellt, überall dort, wo man mit dem Fahrrad oder zu Fuß hin kann. So ist er auch für Behinderte und die Alten zuständig. Jerry hat mir einmal folgenden Brief geschrieben:

„Meine Arbeit ist sehr vielseitig, aber im Altersheim war jetzt großes Chaos. Der blinde Wetsi hat immer nur Frauen im Kopf. Früher lebte er mit einer Frau, und die beiden verstanden sich zeitweise recht gut. Ich sah, dass die Frau ein Segen und eine große Hilfe für ihn in seiner Blindheit war. Aber diese Frau war verrückt und wurde von einem Geist der Unordnung geleitet. So trennten sie sich, aber schon kurz danach hatte Wetsi eine neue, ganz vernünftige Frau.

Endlich zwei Frauen

Nur, es dauerte nicht lange, da kam die alte zurück, und Wetsi freute sich, nun endlich zwei Frauen zu haben. Ich sah, dass das nicht gut gehen würde und im evangelischen Heim auch unmoralisch ist. So habe ich Richard und Wetsi mit seinen Frauen geholt. Zusammen hielten wir einen Tag des großen Gerichts ab. ,Wetsi, es ist nicht richtig, zwei Frauen zu haben. Wenn du nicht eine wegjagst, fliegt ihr alle drei aus diesem Heim. Dann kannst du irgendwo mit so vielen Frauen leben, wie du willst. Also, sei vernünftig und jage die Verrückte weg!‘

Mit Dreck beworfen

Wir sahen sofort, dass Wetsi Angst bekam, und er versprach vor der ganzen Gemeinde und dem Pastor, sich von dieser Frau zu trennen. Als wir dann aber nach Hause gingen, hat die Verrückte uns  beschimpft, mit Steinen, Dreck und Holz beworfen. Wir machten  schnell das Tor hinter uns zu, aber sie hat den ganzen Tag draußen rumgebrüllt, das Tor verschmutzt und uns abscheulich verflucht. Wir antworteten aber mit keinem Wort.

Frieden und Ordnung schienen wieder ins Altersheim einzukehren. Aber nach drei Tagen hörte ich vor dem Tor jemanden jammern – da stand die böse Frau mit ihrem kleinen Kind auf dem Rücken und weinte: ,Ach, vergib und hilf mir doch. Das Kind ist ganz heiß und hat wohl Gelbfieber. Es stirbt! Hilf mir bitte im Namen Jesu.‘

Ich war noch immer voller Wut über diese Frau, aber dann sah ich das Kind auf ihrem Rücken und wusste, dass ich ein großes Problem mit Gott bekäme, wenn ich mich jetzt weigern würde zu helfen. Nicht gerade freundlich holte ich mein Fahrrad, setzte die Frau mit dem Kind auf den Gepäckträger, und wir fuhren ins Krankenhaus. Das Kind wurde bald behandelt und bekam jede Menge Spritzen. 45 Dollar musste ich bezahlen. Alles hatte wie ein großes Theater mit dem Dorfgericht angefangen, aber nun endete es für Richard und mich vor dem wirklich großen Gericht Gottes.“

Bei mir hätte die Frau es sicher viel schwerer gehabt. Manchen Menschen schenkt Gott aber Barmherzigkeit einfach so, andere müssen fies lange mit sich kämpfen. In der Bibel steht: Glücklich sind, die Frieden stiften, denn Gott wird sie seine Kinder nennen. Jerry gehört wohl schon zu denen. Und ich freue mich, solch einen Menschen zu kennen.

Peter Gohl[/columns]