Langzeitwirkung durch Beten

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Im Zaïre-Kongo haben Elisabeth und ich, vor allem zu Beginn unserer Missionszeit, lange getrauert, denn unsere beiden Jungs waren so weit weg in Deutschland.

Damals habe ich von Jesus in meiner Bibel gelesen: „Jeder, der Haus oder Kinder oder so um meinetwillen verlässt, bekommt das hundertfach zurück, jetzt und in der zukünftigen Welt!“

Wir wollten aber absolut keinen Kindertausch. Auch nicht 2:200, weder jetzt, noch später mal im Himmel. Ein paar hundert Kinder haben wir trotzdem gekriegt. Beispiel Inyoloto: Er war der Waisenjunge im Dorf. 

Damals hat er Elisabeth den kleinen Hund angedreht. Inyoloto hatte drei Väter: Den alten Indjembo, bei dem schlief er oft, bei Papa Itaka bekam er Essen, und ich war zum Bezahlen da: Hosen, Hemden, Doktor und Jahr für Jahr das Schulgeld. Das war aber Quatsch, denn spätestens nach einer Woche Unterricht war er immer wieder frei und verkündete: „Der Lehrer ist bekloppt. Der kann mich mal!“ Alle Erziehung scheiterte total, aber Indjembo, Itaka und ich haben immer mal für den Jungen gebetet. Irgendwann kam er ja auch in meine Bautruppe. Das lief anfangs wirklich gut. Er bekam die Krawatte von mir, wie alle anderen. Aber bald hieß es: Der ist zu allem fähig, aber zu nichts zu gebrauchen! Marihuana brachte ihn dahin, dass er sogar ein Paket Nägel klaute. Gold und Diamanten findet man im Urwald, aber keine Nägel und Schrauben. So haben wir uns dann total krass auseinandergelebt. Ja, ja, ich habe auch oft falsch gehandelt. Aber vergessen konnte ich Inyoloto nie.

Viele Jahre später haben Elisabeth und ich ihn mal im Dschungel in seiner Eigenbauhütte gefunden, wo er mit einem Mädchen bereits zwei Kinder hatte. Aber sonst gar nichts! Elisabeth schenkte dem Pärchen damals den ersten Kochtopf und ich ein Buschmesser. Darüber waren die so was von überglücklich. Das ist alles lange her, aber jetzt kamen Brief und Foto.

Man muss ja nicht die besten Jahre des Lebens in einer Schule vergammeln, und so ein Typ findet auch jemanden, der schreiben kann: „Papa Mokili (wie Peter Gohl im Kongo genannt wurde, die Red.), ich bitte dich heute im Namen Jesu, mir zu helfen. Ich habe auf beiden Seiten einen Leistenbruch und seit Ende März solche Schmerzen, dass ich nichts arbeiten kann. Ich habe kein Geld für die Operation, die 200 $ kosten soll. Gruß, ich, dein Kind Inyoloto.“

Misstrauisch habe ich nachgefragt: „Macht Inyoloto jetzt auf fromm, wenn er Geld will?“ Botay, der Schreiber, hat geantwortet: „Inyoloto ist immer noch Inyoloto. Er macht Holzkohle, die er in Basankusu verkauft. Aber jeden Sonntag siehst du ihn in der Kirche. Er singt im Chor, ist überall hilfsbereit, und er ist immer noch mit der ersten Frau zusammen. Sie haben eine Menge Kinder, und, oh Wunder, er schickt einige sogar zur Schule!“

Erziehung und Entwicklungshilfe waren erfolglos, aber Beten kann Langzeitwirkung haben! Und ich hab hier alle Hände voll zu tun …                            

Peter Gohl