Ich hatte Geld für eine Pastorenwitwe am Kongofluss bekommen, damit man ihr da eine feste Hütte baut. Aber die wollte nur das Geld und damit in die Stadt ziehen. Dort wollen alle am liebsten in die Stadt, aber solch eine Flussfrau, die immer mit einem Bein im Wasser gelebt hat, passt nicht in eine Stadt. So habe ich Richard gebeten, wenn er zum Arzt in die Stadt fährt, sich darum zu kümmern. 

Richard schrieb mir folgendes dazu: „Dank mit mir dem Herrn, denn ich bin lebendig in Mbandaka angekommen. In Basankusu hatte ich ein großes, ordentliches Boot, eine Baleiniere, gefunden. Aber die Mannschaft bestand nur aus Halunken, denn nach einer Stunde Fahrt musste der Motor repariert werden, und wir trieben mit der Strömung. Das machen die nur, um Treibstoff zu sparen. Gegen zwei Uhr rammten wir in der Dunkelheit ein anderes Boot und wären fast gekentert. Wir schöpften Wasser aus unserem Boot, und sie flickten ein böses Leck. Die Fahrt ging dann langsam weiter, aber gegen halb neun morgens legten wir in Lolanga an. Sie sagten, dass sie erst am nächsten Morgen weiterfahren und alles bewachen und das Boot reparieren würden. 

Ich hatte also Zeit genug, um mit dem Vorstand der Kirche über die Witwe und den Bau eines Witwenhauses zu sprechen. Ich wurde auch bewirtet, und die Unterredung dauerte fast bis Mitternacht. Dann kam aber jemand und sagte, dass meine Baleiniere schon lange abgefahren sei. Ich wollte das nicht glauben, und wir liefen zum Fluss. 

Das Boot war wirklich weg – mit all meinen Sachen. In jener Nacht fand ich aber noch jemanden mit einem Motoreinbaum, der mich gegen gutes Geld mitnahm. Unsere Lulonga ist ja ein richtiger Fluss, aber der Kongostrom ist manchmal viele Kilometer breit, und man meint, auf einem See zu sein. Kaum, dass wir abgelegt hatten, kam ein Sturm auf mit Starkregen und hohen Wellen. Ich weiß nicht wie, aber wir sind lebendig in Mbandaka in den Hafen gekommen. Als es hell wurde, fand ich auch die Baleiniere und meinen Koffer. Aber der war total ausgeraubt. Nur eine Hose und ein T-Shirt waren geblieben. Kleidung, Schuhe, Lebensmittel und vor allem mein teures Handy waren weg.

Da war ich nicht nur traurig! Du kannst hier ja nur jemanden anzeigen, wenn du mehr Geld bezahlst als der. Es gibt hier kein Recht wie bei euch. Zuletzt konnte ich aber mein Elend und meine ganze Wut vor Gott ausbreiten. Ich hatte diese Bootsreise ja nicht für mich selbst, sondern für diese Witwe gemacht. Wieso lässt Gott so was zu?

Am Sonntag hat dann jemand in der Kirche gepredigt: ‚Der HERR wird für euch streiten, und ihr werdet stille sein!‘‘ Der kennt das Leben nicht und kann gut reden, dachte ich. Aber nach dem Gottesdienst traf ich alte Freunde und Bekannte, und die legten spontan Geld zusammen und gaben mir 45 US-Dollar Trostgeld. Schuhe bekam ich auch noch. Gott hat mich doch noch nie ganz fallen lassen. Das macht er ganz sicher jetzt auch nicht!“                     

Peter Gohl