Sag Gott auch mal Dankeschön. Nicht nur mit dem Mund – tu auch was!
„Biso tobangaka te, kasi tobangisaka.“ Das ist ein Spruch der kleinen Kongo-Jungs, heißt auf Deutsch: „Wir fürchten uns vor nichts, aber wir können euch das Fürchten lehren!“ Aber unser Freund Richard, der hatte Angst, als er im Stammesgebiet der Ngombe für Diakonie werben und Bibeln verkaufen wollte.
„Nach einer langen Bootsfahrt setzten sie mich mit dem Motorrad nachts um 3 Uhr im Stockdunklen am Ufer ab. Ich fand auch den Fußweg zum Dorf Mowaka und dachte, die 8 km dahin zu fahren sind doch ein Klacks, aber der Weg war schlimm. Elefantengras und Sträucher schlugen mir ständig ins Gesicht. Zuletzt hing ich in der Dunkelheit im Sumpf so im Morast fest, dass ich erst mal die Morgendämmerung abwartete. Alleine im dunklen Urwald hat man allerlei Gedanken über Schlangen und anderes Viehzeug.
Die Ngombe-Leute waren früher unsere schlimmsten Feinde. Aber wir wurden alle Christen und auch Kongolesen und kennen die Einheitssprache Lingala. Theoretisch ist es ja auch so. Umso mehr freute ich mich, gegen 7 Uhr in Mowaka freundlich aufgenommen zu werden. In den anderen Dschungeldörfern, Boso-Modanda 130 km und Boso-Likolo 211 km entfernt, waren sie genauso freundlich. Es war auffällig sauber und ordentlich. Aber wer so in der Isolierung lebt, verwildert auch, und alle waren fast immer ein bisschen besoffen. Es gibt ja kaum Kontakt zur Außenwelt und keine Korrektur, nur Dschungel. Sie arbeiten fleißig auf ihren Feldern, aber niemand holt die Sachen ab. So brennt man am besten Schnaps davon und merkt nicht mehr alles.
Wer mal Erdnüsse oder Maniokmehl verkaufen will, muss sein beladenes Fahrrad 430 km weit bis Bumba am Kongo-Fluss schieben, um Aspirin-Tabletten oder so etwas zu bekommen. Aber in Boso-Modanda gibt es bereits ein Einkaufzentrum. Es gibt hier alles im Überfluss, nur kein Geld. Am meisten gibt es hier wunderschöne Kinder, die aber nie zur Schule gehen. Ich habe ihren Schnaps probiert, um mich nicht abzugrenzen. Der war gut, mir aber zu stark. In der Kirche war alles anders. An einem Mittwoch zählte ich 123 Leute im Gottesdienst. Mein Predigtthema war: „Wenn Gott dir das Leben gegeben hat, sag ihm mal Dankeschön, aber nicht mit dem Mund alleine – tu auch etwas!“ Aber ich fand dort wirklich aktive Christen. Alleine der „Pastor“ hatte noch eine Bibel, in der aber bereits Genesis und Offenbarung fehlten. Da freuten sich alle über die Bibeln, die ich mitgebracht hatte. Die Enttäuschung war aber groß, weil ich die Bibeln ja nicht wie wertloses Zeug einfach weggeben, sondern nur verkaufen wollte. Hier konnte niemand 10 $ auftreiben. Als ich aber die Bibeln gegen Naturalien, wie Hühner oder Enten, anbot, wurden alle total munter. Leider konnte ich in jeder Gemeinde nur drei Bibeln verkaufen, weil ich mit dem Motorrad ja nicht so viel transportieren kann. In ihrer Gemeinde gab es auch längst Diakonie und Nächstenliebe, und ich habe gerne alles überprüft. Die Alten, Kranken, Witwen und Waisen waren regelmäßig besucht und mit Lebensmitteln versorgt worden. Man reparierte auch immer wieder deren Hüttendächer und -wände ganz ordentlich. Darüber habe ich mich sehr gefreut und zuletzt nur noch ein paar organisatorische Tipps gegeben. Aber ich habe auch schlimmes Elend gesehen und konnte 92000 Francs, 100 $, geben. Wenn mal jemand zum ‚Doktor‘ müsste. In den andern Dörfern war es ähnlich.
Schlimm waren die Wege. Oft sah man 30 km keinen Menschen, nur Wald und Dreck, und ich hatte oft Angst hier im Gebiet der Ngombe, wenn da plötzlich jemand mit Buschmesser und Speer bewaffnet im Gebüsch stand. Auf dem Weg nach Boso-Likolo war ich 40 km weit gekommen, als mein Motorrad plötzlich stotterte. Mühsam und ratlos kam ich bis zu einer Hütte. Ein Mann sagte, dass er Ahnung habe, und fing direkt an, an meinem Motorrad rumzufummeln. Ich roch seine schlimme Schnapsfahne, aber er ließ sich nicht abwehren und nahm den ganzen Vergaser auseinander. Ich stand hilflos, hoffnungslos betend dabei, aber er setzte im besoffenen Kopf alles wieder zusammen. Niemand kann sich mein Gotteslob ausmahlen, als die Maschine wieder einwandfrei lief.
Ich bin unterwegs so oft gestürzt, aber nur einmal hat’s mich so hingeworfen, dass die Lampe kaputt ging, und ich auch etwas Verbandstoff brauchte.
Viele Leute haben sich in ihrer Isolierung über meinen Besuch gefreut und wurden getröstet. Wer geht sonst schon dahin? Neun Bibeln habe ich verkauft, und die Hühner und Enten konnte ich direkt an Hungrige weitergeben.
Richard Iyema