Von Fußball-Göttern auf heiligem Rasen
Das Tor zum Himmel steht weit offen – zumindest für die „Fußball-Götter“, die zur WM in Russland mal wieder ihr Spiel auf „heiligem Rasen“ treiben. Wortschöpfungen, die für Fans wie Journalisten nur allzu gern etwas Außergewöhnliches, Großartiges im Zusammenhang mit der „schönsten Nebensache der Welt“ zum Ausdruck bringen sollen. „Brot und Spiele“ fordern wie vor mehr als zweitausend Jahren im alten Rom entsprechende Huldigung.
Den 54-er Weltmeister-Torhüter Toni Turek von Fortuna Düsseldorf bezeichnete der legendäre Rundfunk-Reporter Herbert Zimmermann für eine Parade im Endspiel gegen Ungarn (3:2) als „Fußball-Gott“. Diese sprachliche „Entgleisung“ hätte Zimmermann damals fast den Job gekostet. Aus dem Beraterkreis von Bundeskanzler Konrad Adenauer wurde ernsthaft eine Entschuldigung des sprachgewaltigen Herbert Zimmermann gefordert.
Heute würde man für ein derartiges Ansinnen nur ein müdes Lächeln übrig haben. Als Götter, Idole der Massen, ob nun die aus dem Show-Business oder aus den Reihen der Millionäre in kurzen Hosen, verdienen sie dank unserer „Anbetung“ nur all zu oft einen Kult-Status, der die Schieflage unserer Wertevorstellung im 20. und zu Beginn des 21. Jahrhunderts in vollem Glanz erscheinen lässt. Wo bleibt da Gott? – Gott, Jesus, unser Herr – nicht der Fußball-Gott.
Aber es gibt sie auch, jene Himmelsstürmer, die demütig gen Himmel schauen und Gott danken für die Gaben, die er ihnen in reichlichem Maße auf Erden gegeben hat. Das war die Zeit in der Bundesliga vor 10/20 Jahren, als vornehmlich brasilianische Ballkünstler im Dress deutscher Spitzenklubs Zeugnis für ihren Gott ablegten:
Zé Roberto (44, u. a. Real Madrid, Bayer Leverkusen, Bayern München, Vize-Weltmeister 1998), Lucio (40, u. a. Bayer Leverkusen, Bayern München, Inter Mailand, Juventus Turin, Weltmeister 2002), Jorginho (53, u. a. Bayer Leverkusen und Bayern München, Weltmeister 1994), der erste brasilianische Nationalspieler überhaupt in der Bundesliga (1989), weiterhin Marcelo Bordon (42, u. a. VfB Stuttgart, Schalke 04) und vor allen Cacau (37, u. a. 1. FC Nürnberg, VfB Stuttgart), der 1989 als 18-Jähriger aus Brasilien nach Deutschland kam, 2007 mit Stuttgart Deutscher Meister und 2010 im DFB-Dress (seit 2009 deutscher Staatsbürger) WM-Dritter in Südafrika wurde. Cacau arbeitet heute ehrenamtlich als Botschaf-
ter für die Hilfsorganisation „World Vision“ und seit Ende 2016 als Integrationsbeauftragter des DFB. Und dabei hat er „Immer den Blick nach oben“ gerichtet – so auch der Titel seiner Biografie (verfasst mit der Münchner Sportjournalistin Elisabeth Schlammerl).
Die brasilianischen Stars legten bei jeder Gelegenheit, mit jedem Torjubel ihr Zeugnis vor Zehntausenden in den Bundesligastadien und Millionen an den TV-Geräten ab. In solchen Augenblicken rissen sie ihr Vereinstrikot hoch und zeigten darunter ein Trikot mit Aufschriften wie „Jesus lebt und liebt Dich“ oder „“Gott ist meine Kraft“ oder „Jesus ist der Weg“, oder „Team Jesus“ oder schlicht „Danke Jesus“. Bis jemand in der FIFA, dem Welt-Fußball-Verband, auf die Idee kam, dass in diesen Fällen ein klarer Fall von Schleichwerbung vorliege. Jesus bezahlte ja schließlich nicht für die Texte auf den Untershirts. Die neuen Vorgaben bedeuteten „Gelbe Karte“ bei Verstoß. Keine Ausnahme der FIFA-Richtlinien für Jesus!
Cacau („Gott hat mir diese Idee gegeben!“) versuchte es dann noch mit verkürzten „J…“-T-Shirts. Ausgerechnet Markus Merk, damals einer der weltbesten Schiedsrichter überhaupt, blieb es vorbehalten, Cacau laut Statuten erneut zu „tadeln“. Merk, selbst bekennender Christ, erinnerte in diesem Zusammenhang an Gottes Güte und hielt Kritikern entgegen: „Gott liebt auch Schiedsrichter!“.
Cacau und Gleichgesinnte mussten sich fortan auf dem Platz mit nach oben gerichtetem Blick und in die Höhe gestreckten Zeigefingern begnügen, um ihre Dankbarkeit und Demut gegenüber Gott zu bezeugen.
Die Liste bekennender Christen unter namhaften Profi-Kickern geht durchaus weit über die traditionell christlich-katholisch geprägten Brasilianer hinaus: der Neuseeländer Wynton Rufer (55, u. a. 1989-1994 Werder Bremen), die früheren deutschen Nationalspieler Arne Friedrich (39, u. a. von 2002-2010 Hertha BSC, WM-Dritter 2006 und 2010, Vize-Europameister 2008) und Gerald Asamoah (39, u. a. 1999-2011 Schalke 04, Vize-Weltmeister 2002 und WM-Dritter 2006 mit dem DFB-Team), Jérôme Boateng (29, Bayern Münchens Abwehr-Chef und Weltmeister 2014) oder aktuell die Trainer Jürgen Klopp (50, Mainz 05, Borussia Dortmund, FC Liverpool) und Heiko Herrlich (46, Bayer Leverkusen, als aktiver Spieler Bayer Leverkusen, Borussia Mönchengladbach und Borussia Dortmund, Bundesliga-Torschützenkönig 1995, 2000 Diagnose bösartiger Hirntumor, Comeback ein Jahr später). Boateng betet vor jedem Spiel. „Ich bin überzeugt, dass es keinen Zufall gibt. Gott hat einen Plan für jeden von uns. Die Gespräche mit Gott sind die Grundlage meines Erfolgs.“ Und Jürgen Klopp, Reformations-Botschafter für das Jubiläumsjahr 2017, wird nicht müde, seine 4-D-Darstellung zu bekunden: Demut, Dankbarkeit, Dienen und Durchhaltevermögen. „Kloppo“ zieht seine Stärke im Vertrauen auf Jesus Christus.
Klopp und Herrlich wie auch der Österreicher David Alaba (26, Bayern München) oder Davie Selke (23, aktuell Hertha BSC, Olympia-Silber 2016 in Rio mit dem DFB-Team) spielen „Hauptrollen“ in dem neuen Film von David Kadel „Und vorne hilft der liebe Gott“. Eine alte Fußball-Weisheit mal ganz wörtlich genommen. Kadel meint zu beobachten, „dass der Glaube an Jesus Christus in unserer Gesellschaft abnimmt, aber im Profi-Fußball immens am Wachsen ist“. Kadel: „Viele Spieler haben längst erkannt, wie sehr es ihnen hilft ‚nicht alleine‘ auf dem Platz zu stehen, sondern Gott als Freund und Vater neben sich laufen zu sehen.“
Gerd Heydn