meine Konfirmation liegt 35 Jahre zurück. Der Pastor war nett, die Fragen aus dem Heidelberger Katechismus wurden brav gelernt. Nicht mehr und nicht weniger. Ich habe vom Evangelium nichts wirklich verstanden. Es ist nichts wirklich zu mir durchgedrungen. Es blieben Worthülsen und Phrasen. Ich bin noch nicht einmal zum gemeinsamen ersten Abendmahl gegangen. Mit dem Ergebnis, dass ich über 20 Jahre lang nichts mit Glauben am Hut hatte, mich distanziert habe.

Erst im Glaubenskurs in Kelzenberg wurde mir nach vielen inneren Kämpfen klar, wie radikal und großartig Jesus´ Botschaft ist. So hatte ich sie noch nie gehört. Im anschließenden Gottesdienst habe ich festgemacht, konfirmiert. Ich bin zum ersten Mal zum Abendmahl gegangen.

Mittlerweile mache ich immer wieder mal fest, mir ist es wichtig, nah dran zu sein.

Und wann machen Sie fest?

Kirstin Rappmund-Gerwers

Gerd Heydn und Jenny Hartschen im Gespräch mit Nigeria-Flüchtling Liberty N. Livinus

Warum haben Sie Ihre Heimat verlassen?

„Den Entschluss zur Flucht habe ich gefasst, als sich die Lage zwischen Christen und Muslimen durch die Übergriffe und Anschläge der Terrororganisation Boko Haram in Nigeria immer mehr zugespitzt hat. Im Juni 2013 habe ich mich dann mit zwei Freunden auf den Weg gemacht – über drei Wochen durch Nigeria, den Niger nach Algerien bis an die marokkanische Grenze. Nahe der Grenze haben wir Leute getroffen, die uns Hilfe für den Grenzübertritt anboten. Für mich stand fest: Ich will nach Deutschland.“

Sie haben sich gutgläubig diesen vermeintlichen Freunden ausgeliefert…?

„Ja, sie haben uns in ein Camp mitten im Wald geführt, wir mussten einzeln nacheinander in einem Zelt niederknien und alles offen hinlegen, was wir hatten – Papiere und vor allem das bisschen Geld, was uns geblieben war. Da wurden wir zum ersten Mal von Mitgliedern dieser Gang geschlagen. Wir kamen aus dem Camp nicht mehr heraus, wurden regelrecht versklavt. Zur Verdeutlichung unserer Situation haben sie uns zu einer Grabstelle geführt, aus der der Kopf des Toten herausschaute. Die Gang lebte von der Ausbeutung solcher Menschen, zu denen meine Freunde und ich jetzt auch zählten, die einen Weg in die Freiheit suchten. Und solche Gangs herrschten überall in der Region an der algerisch-marokkanischen Grenze.“

Wie lange wurden Sie in diesem Camp gefangen gehalten?

„In dem ersten gut einen Monat. Dann haben sie uns in einem vierstündigen lebensgefährlichen Marsch über schwierige steinige Wege nach Marokko geführt, auf dem wir auch noch schwere Lasten schleppen mussten. Wir bekamen kaum etwas zu essen, vor dem Marsch nach Marokko drei Tage lang gar nichts. Über ein Jahr hausten wir in verschiedenen Camps, wurden weiterhin wie Sklaven gehalten, geschlagen und gefoltert. Sie haben Telefon-Nummern unserer Familien in Nigeria aus uns herausgeprügelt. Dann haben sie meinen Vater angerufen, mich während des Gesprächs weiter geschlagen, so dass ich heute noch auf dem rechten Ohr geschädigt bin. 500 Euro haben sie von meinem Vater gefordert, 60 Euro hat er geschickt – mehr ging nicht.“

Wie muss man sich die Folter, ihre Gefangenschaft vorstellen?

„Wie in einem Ritual wurden wir einmal die Woche geschlagen, jeden Samstag an Händen und Füßen gefesselt, um uns gefügig zu halten. Mein Vater und meine Tante haben immer wieder Geld geschickt. Aber eines Tages konnte mein Vater nicht mehr zahlen, weil meine Mutter ins Hospital kam und das Geld für den Hospitalaufenthalt gebraucht wurde. Da wurde ich wieder an Händen und Füßen gefesselt und ausgepeitscht. Dann haben sie uns in die nächste Stadt geschickt zum Betteln. Dabei mussten wir immer auf der Hut sein vor der marokkanischen Polizei. Wenn sie uns geschnappt hätten, wären wir sofort ausgewiesen worden. So an die 50 Euro habe ich in der Woche zusammengebettelt. Das Geld musste ich komplett bei der Gang abliefern.“

Wie kamen Sie denn letztlich frei aus diesem Camp brutaler Gangster?

„Auslöser war ein Mord der Gangster an einem Mann aus den eigenen Reihen. Vor dem Zugriff der marokkanischen Polizei hat die Gang das Camp selbst in Brand gesetzt. Ich habe mich als Mann aus dem Niger ausgegeben, nicht aus Nigeria, weil Nigerianer in Marokko regelrecht gejagt worden sind. Papiere hatte ich ja keine mehr. Ich habe mich dann bis zur Küste durchgeschlagen.“

…und haben versucht, von Marokko aus das europäische Festland zu erreichen…?

„Ja, immer wieder, zigmal. Einmal waren wir zu sechst 16 Stunden mit Schwimmweste in einem Schlauchboot im Wasser – bis wir von einem spanischen Hubschrauber entdeckt und nach Marokko zurückgebracht und der marokkanischen Polizei übergeben worden sind. Die hat uns dann wieder an der algerischen Grenze ausgesetzt.

Insgesamt fünf Monate habe ich mich in Wäldern und Bergen versteckt. Wir mussten ständig in Bewegung bleiben, um nicht erneut von der Polizei aufgegriffen zu werden. Immer wieder haben wir neue Fluchtversuche zu Wasser und über die Zäune zur spanischen Exklave Melilla unternommen. Und die marokkanische Polizei hat immer wieder Razzien durchgeführt, um Flüchtlinge aus den Wäldern zu holen. Dabei sind viele umgekommen. Schwarzafrikaner wurden in Marokko wie Aussätzige behandelt und wie die Hasen gejagt.“

Was haben Sie gedacht, als sie 16 Stunden in Ihrem Schlauchboot im Mittelmeer getrieben sind?

„Ich konnte selbst gar nichts mehr tun. Ich weiß, dass es Gott gibt. Da habe ich mich ganz seiner Führung überlassen – Gott wird schon etwas mit mir machen.“

Haben Sie denn nie an Gott gezweifelt bei Ihren gescheiterten Fluchtversuchen?

„Doch, sehr massiv sogar. Aber ich erinnerte mich, dass mir meine Mutter als Kind immer eingebläut hatte: Hör nie auf zu beten! Als es dann doch passierte, sprach mich bei meinen Betteleinsätzen in einer Stadt ein gut gekleideter marokkanischer Geschäftsmann an und wollte wissen, warum ich denn bettele. Er sagte mir genau das Gleiche wie meine Mutter: Hör nie auf zu beten! Ich weiß, dass es Gott gibt – auch für mich.“

Der Tag der Rettung…

„Den werde ich nie vergessen: es war der 28. Mai 2014, als es mir mit über 500 anderen Flüchtlingen gelang, den Zaun nach Melilla zu überwinden. Acht Tote gab es bei dieser Massenflucht, auch auf Seiten der Polizei. Auf der anderen Seite des Zauns sagten Beamte der spanischen Guardia Civil: ‚Jetzt habt ihr es geschafft!‘ Wir mussten dann allerdings noch von Mai bis Oktober vergangenen Jahres in Melilla ausharren. Dann wurden wir nach Andalusien, nach Almeria übergesetzt. Von dort bin ich auf eigene Faust mit dem Bus nach Madrid – und dann weiter per Bus nach Deutschland.“

Und damit hatte sich Ihr Traum aus der Kindheit erfüllt. Welche Träume bleiben jetzt noch?

Der Traum, tatsächlich in Deutschland bleiben zu dürfen – und hier vielleicht Fußballprofi werden zu können. Ich spiele jetzt beim Bezirksligisten VfL Viktoria Jüchen.“

Irgendwann hatte einer der Reformatoren eine wirklich „evangelische“ Idee. Ihm war aufgefallen: Bei der Taufe von Säuglingen kann es ja gar nicht zu einem „Bund“ zwischen Christus und einem Menschen kommen. Denn wir hören das „Ja“ Jesu Christi zum Menschen, aber es fehlt völlig die Antwort des Menschen darauf, das eigene „Ja“ zu Jesus Christus. Und das gehört selbstverständlich zu einem „Bund“ dazu, in der Bibel zu jedem Bund zwischen Gott und Mensch, vor allem zum „Taufbund“ im Neuen Testament.

Die großartige „evangelische“ Idee: Einen Gottesdienst zu feiern, der den Taufbund abschließt. In dem die als Säugling getauften Menschen Gelegenheit haben, ihr „Ja“ zu Jesus Christus nun selbst zu sprechen und so den Bund mit Jesus Christus ihrerseits festzumachen.

Eine Idee von Martin Bucer

„Konfirmation“ nannte man diesen Schritt, und diese „Konfirmation“ verbreitete sich schnell in der jungen evangelischen Kirche. Martin Bucer hieß dieser kluge Reformator, ein alter Freund von Luther, der inzwischen in Straßburg als Pfarrer lebte.

„Konfirmieren“ ist ein lateinisches Wort (confirmare) und bedeutet schlicht und einfach: bekräftigen, festmachen. Und genau das ist auch gemeint: Ein Mensch „konfirmiert“, das heißt er macht sich bei Jesus Christus fest.

Ja, „ich konfirmiere“ – so lautet die richtige Formulierung, nicht: Ich werde konfirmiert. „Konfirmation“ ist nichts Passives, im Gegenteil, sie ist ein aktiver Schritt, zu dem junge Menschen eingeladen und herausgefordert werden. Ein Konfirmationsgottesdienst ist also die Möglichkeit, sich selbst in eigener Entscheidung und Verantwortung bei diesem Jesus Christus in seiner Gemeinde festzumachen, sich bei ihm einzuklinken, anzudocken…

Klar: Jesus Christus ist der entscheidende Partner in diesem Lebensbund. Klar: er trägt die Beziehung. Klar: sein „Ja“ geht meinem immer voraus. Aber: Er erwartet meine Antwort.

Dieses „Festmachen“ wird beim Christen irgendwann zum ersten Mal passieren. Aber es muss nichts Einmaliges sein. Als Christ kann ich immer wieder festmachen, kann aussprechen und demonstrieren: Jesus Christus und ich sind Partner fürs Leben und fürs Sterben.

Gelegenheit dazu gibt es mehrfach: In Konfirmationsgottesdiensten laden wir alle Anwesenden ein, zu konfirmieren, festzumachen. Vielleicht zum ersten Mal, vielleicht zum wiederholten Mal. Und auch darüber hinaus bieten wir regelmäßig Raum und Gelegenheit zu diesem schönen und aufbauenden Schritt: In den Gottesdiensten zum Abschluss der Glaubenskurse, zweimal im Monat im persönlichen Gebet nach dem Gottesdienst, jederzeit im persönlichen Gespräch. Immer geht es darum, sich mit meiner Unverbindlichkeit an der beständigen verbindlichen Treue von Jesus Christus festzumachen. Das macht Christus nicht treuer als er eh schon ist. Aber mir kann es helfen, mich kann das prägen und stützen.

Ich erlebe, dass viele da mitmachen. Dabei spricht das in Gottesdiensten niemand laut aus. Wir bieten dafür eine Zeit der Stille an, damit sich keiner genötigt fühlt, etwas zu sagen oder mitzusprechen, was er gar nicht möchte. Aber viele erleben das als hilfreich, zu einem bestimmten Zeitpunkt ihr Fühlen und Denken Jesus Christus gegenüber auszusprechen.

Ja, „konfirmieren“ ist ein Schritt in die ungeheure Freiheit, die Jesus Christus schenkt. Gott spricht und wartet auf die Antwort seines geliebten Menschen. Darum ist diese Antwort, dieses „Festmachen“, ein befreiender Schritt. Entdecke deine Möglichkeiten!

Bodo Beuscher

„Man müsste mal was anpacken, den Hintern heben und Liebe da weitergeben, wo sie gebraucht wird! Konkrete Aktionen, nicht nur reden – das brauchen wir! Unserer Gemeinde fehlt irgendwie das Diakonische.“

Solche und ähnliche Sätze höre ich immer mal wieder in meinem Freundes- und Bekanntenkreis in der Gemeinde. Ich habe mich auch schon öfter selbst so etwas sagen hören. Jetzt ist es soweit – wir haben ein neues Arbeitsfeld. Wir können Liebe direkt vor unserer Haustüre weitergeben und müssen nicht darauf warten, dass ein Obdachloser sich nach Kelzenberg verirrt.

In unserem Gemeindegebiet leben viele Menschen, die unsere Hilfe brauchen: Flüchtlinge – Menschen die hier bei uns leben und doch nicht so recht am Leben teilhaben können. Sie sprechen unsere Sprache nicht und leben zum Teil ohne Privatsphäre und ohne Freunde und Familie in ihren Unterkünften. Sie müssen sich hier bei uns im komplizierten Deutschland zurechtfinden, Formulare lesen, Ämter besuchen, Ärzte finden, Lebensmittel kaufen…

Wir möchten diese Menschen gerne mit uns vernetzen. Wir möchten ihnen Hilfen an die Seite stellen, die sie selbständiger werden lässt. Jemand, der den Weg zum Amt begleitet, der hilft, einen Brief zu verstehen, der weiß, wo der nächste Arzt ist. Hierzu möchten wir eine Kartei von möglichen Helfern anlegen: Menschen, die wir ansprechen können, wenn jemand Hilfe braucht. Menschen, die wir für bestimmte Dienste einmalig oder regelmäßig mit Flüchtlingen zusammenbringen können.

Jetzt sind Sie gefragt!

Ohne hilfsbereite Menschen bleibt unsere Kartei leer und dieser Dienst kann nicht funktionieren. Lust zu helfen? Dann melden Sie sich bei Wiebke Matzigkeit. E-Mail: w.matzigkeit@gmail.com, Telefon: 02165-344023

Lukas Kämpken

Hermie hat noch nicht mal Punkte oder Streifen, frisst ganz gewöhnliches Gras und lebt ein gewöhnliches Leben. Er ist traurig deswegen und spricht mit Gott darüber. Und Gott verspricht ihm, dass Er ihn liebt und noch viel mit ihm vorhat. Das tröstet Hermie ein bisschen.

Einmal trifft er eine Ameise, die sehr stark ist und wird wieder traurig, weil er sich schwach fühlt. An einem Regentag trifft er eine Schnecke, die schön trocken in ihrem Haus sitzt. Wieder wird er traurig, weil Gott ihm kein Haus gegeben hat. Dann sieht er einen Marienkäfer, bewundert seine schöne rote Farbe und die schwarzen Punkte und wird wieder traurig, weil er sich neben dem Marienkäfer so unscheinbar vorkommt. Jedes Mal ermutigt Gott ihn und sagt Hermie, dass Er ihn sehr mag und noch viel mit ihm vorhat. Hermie beginnt Gott zu glauben und dankt Ihm, dass er so erschaffen wurde, wie er eben ist. Mit diesem Gebet schläft er ein und im Schlaf verpuppt er sich. Als er wach wird, weiß er erst nicht, was geschehen ist, da platzt der Kokon auf, in dem er sich befindet und er kommt heraus als wunderschöner Schmetterling, der sogar fliegen kann! Jetzt erkennt er, dass Gott wirklich etwas Besonderes mit ihm vorhatte und dass er von Gott so geliebt wird, wie er gerade ist.

Mir ist dieses Kinderbuch neulich nach dem Gottesdienst in die Hände gekommen, als ich meine Tochter im Mutter-Kind-Raum betreute. Diese Geschichte hat mich sehr bewegt und nachhaltig beschäftigt. Die zentrale Aussage ist so ernüchternd wie zutreffend: Solange wir uns mit anderen vergleichen, sind wir nicht in der Lage, einen gesunden Selbstwert zu entwickeln. Das wird erst möglich, wenn Gott uns zeigen kann, wie wertvoll wir in Seinen Augen sind. Und gerade diese Einsicht macht uns zu dem, was Gott mit uns schon immer vorhatte!

Hermie – Eine ganz gewöhnliche Raupe: Zwar ein Kinderbuch, jedoch mit einem erwachsenen Inhalt.

Gerd Reschke

Der Arbeitskreis Asyl hat in Zusammenarbeit mit der Kommune Jüchen in der Grundschule Jüchen mit seinem Angebot „Deutschkurs für Flüchtlinge“ sowie einer Sprechstunde für Flüchtlinge begonnen und konnte am „1. Schultag“ 22 Teilnehmer begrüßen.

Das Team Deutschkurs des Asylkreises besteht aus vier Mitgliedern und wird von der Lehrerin Ulla Baumann geleitet.

Damit auch Eltern die Gelegenheit zur Teilnahme am Deutschkurs haben, stehen neben den Kursleitern weitere Mitarbeiter des Arbeitskreises Asyl für die Kinderbetreuung zur Verfügung.

Im Anschluss an den Deutschkurs wird es von 17.30 bis 18 Uhr eine Sprechstunde geben. „Wer in ein neues Land kommt, für den besteht nicht nur im Erlernen einer neuen Sprache eine große Herausforderung. Auch die alltäglichen Fragen, wie beispielsweise der Arztbesuch, das Ausfüllen von Anträgen oder der Einkauf, wollen geklärt werden“, erklären Wiebke und Jörg Matzigkeit, die den Arbeitskreis Asyl koordinieren.

Die Kirchengemeinde Kelzenberg baut dazu eine Begleiter-Kartei auf (s. S. 12). In dieser sind jene erfasst, die sich als Begleiter in alltäglichen Fragen zur Verfügung stellen wollen.

Wenn der Unterricht und die Kinderbetreuung angelaufen sind, soll es Anfang Mai eine kleine Kennenlern-Feier geben, zu der möglichst viele der Begleiter kommen und man sich gegenseitig kennen lernen kann.

Gabi und Bodo Beuscher freuen sich über die konkreten Schritte und das Engagement der Gemeindemitglieder. „Sie geben damit Ausdruck dessen, was sie als Christen bewegt.“ Wiebke Matzigkeit ergänzt: „Es wird spannend werden, es wird einige Herausforderungen geben, aber wir sind sicher, dass Gott uns hier leiten wird.“

Frank Wiedemeier